November 15, 2016

It´s a slow and broken hallelujah

Von katrin101

Oh, ja hallelujah. Ziemlich geschockt und reichlich unglücklich. Dabei ist es die Wahl der US-Amerikaner gewesen und nicht mal meine. Sonst wäre ich wahrscheinlich noch deprimierter. Ich habe schon etliche Stadien durch: Unglaube und Entsetzten (das sind nicht wirklich die Nachrichten…), Verzweiflung (the world is going to hell in a handbasket…), Wut (wenn ich den jetzt in meine Finger kriegen könnte, würde es sehr, sehr schmerzhaft für ihn werden…) und dann wieder alles von vorne. Wobei bittererweise die Gewaltfantasien am hartnäckigsten sind.

Ich wünschte den Slogan „I refuse to hate“ von einigen Demonstranten in den USA könnte ich so für mich annehmen. Aber ich bin voller Wut über einen lügenden Rassisten, der glaubt es ist das Recht jedes reichen, weißen Mannes jede Frau zu belästigen, die im gefällt. Die anderen sind ekelig und gehören „nur“ einfach beleidigt. Ein weinerlicher Schulhofschläger, der immer nur Sündenböcke sucht, jeden überbrüllt und lügt und dann jeden verklagen will, der ihn der Lüge bezichtigt. Und diese Wut behört auch genauso denen, die ihn gewählt haben.

Da bin ich ganz bei John Oliver oder bei Billy Bragg, der sich fragt warum jetzt noch den Feministinnen und Linken die Schuld am Wahlsieg gegeben wird:

„If you voted for Trump for no other reason than you genuinely despise the liberal elite, then at the very least you have discounted his racist language – „they’re rapists, drug-dealers“ – and misogynistic views – „I just grab ‚em by the pussy“.

You may not be a racist or sexist yourself, but you’re willing to empower someone who is in order to punish liberals.

So please don’t try to justify what you’ve done by blaming it on someone else. You’re the people who put great stock in masculine values, so stop trying to make excuses when you get called out on your decision. Man up and take responsibility for the Trump presidency.

Because the more you try to deflect blame onto the very people you seek to punish, the more it starts to sound like you’re ashamed of what you just did.“

Diese Wahl ist nur der letzte Tropfen in ein eh schon volles Faß: nach dem Brexit, Putin immer wieder, den widerwärtigen Pegida-Demos, den Angriffen auf Flüchtlinsheime auch in meiner Heimatstadt, den Bildern aus Syrien und Somalia und den eklelhaften, dummen und verabscheuenswürdigen Kommentaren einer Frau von Storch und wiederauferstanden „Lebensschützern“, die ich auf dem Abfallhaufen der Geschichte gesehen hatte. Ich bin so wütend, dass ich kurz vor Schaum vor dem Mund stehe und muß mich immer wieder beruhigen. These are not my values.

Auf jeden Fall steht für mich fest: auch wenn ich wohl mit mehr Slogan-T-Shirts rumlaufen muss: nicht resignieren, organisieren. Ich will nicht mehr die Klappe halten bei miesen Sprüchen mit fiesem Unterton nur aus falsch verstandener Höflichkeit. Und ich darf nicht mehr. Ich kann vielleicht nicht viel tun. Aber jeder soll wissen, dass ich nicht der Meinung bin das „man das ja schließlich noch wird sagen dürfen“.  Wir haben Meinungsfreiheit und das ist ein hohes Gut (siehe dazu die Situation in der Türkei). Aber wenn einer wie ein Rassist redet, dann darf und muß ich ihn Rassisten nennen. Und ein Lügner ist ein Lügner und braucht mir nicht mit Lügenpresse zu kommen.

Dazwischen versuche ich den Glauben an die Menschheit nicht zu verliehren und bemühe mich immer wieder, an die zu denken, die nun in den USA mit diese Verhältnissen leben müssen. Es sind immerhin über 50% der Wähler, die den Wicht nicht gewählt haben. Ich drücke euch die Daumen in Maine und auch in Kanada. Und mir persöhnlich hilft wie immer Billy Bragg: I keep faith.

Und dann werde ich  Leonard Cohen vermissen. Ich habe jetzt nur noch eine neue Platte von ihm, auf die ich mich freuen kann. Aber ich liebe die Worte mit seiner Stimme:

Going home

without my burden

Going home

Behind the curtain

Going home

without the costume that I wore.

Spontanvegetation.

Das nächste Mal dann wieder „in costume“.